Kreativ-künstlerische Möglichkeiten, sich mit Digitalität auseinanderzusetzen, haben in den vergangenen Jahren immer mehr Zulauf erhalten, sind aber – ähnlich wie die Verbindung von Digitalität und Raum – in der Breite der Schulen noch lange nicht angekommen. Denn auf den ersten Blick mag es, auch aufgrund der bereits erläuterten bisherigen Schwerpunkte digitaler Schulreform, zunächst abwegig erscheinen, in Theaterpädagogik zu investieren, um sich als Schule digital weiterzuentwickeln. Am Ende, so zeigen erfolgreiche Projekte in diesem Bereich sehr deutlich, werden jedoch fruchtbare Produktions- und Auseinandersetzungsräume eröffnet, die nicht nur helfen, Mechanismen digitaler Technologien besser zu verstehen, sondern insbesondere am Neu- und Andersdenken (und nicht nur an der Adaption von etwas) Freude zu entwickeln, scheitern zu dürfen und dabei mit anderen gemeinsam tätig zu sein.
Wenig verwunderlich, liegt ein medienpädagogischer Begleitbereich von SMASCH entsprechend dezidiert in derartigen (z.B. theaterpädagogischen) Angeboten, die einen Fokus auf Digitalität setzen. Das folgende Beispiel entstammt vor allem aus der Grundschule Neugraben, die sich nach einem von unserer schulübergreifenden medienpädagogischen Begleitung durchgeführten Workshop mit schulischer Digitalität über künstlerisch-experimentelle Zugänge aktiv auseinandersetzen wollte. Um dieses Interesse zu konkretisieren, initiierte SMASCH im zweiten Projektschuljahr ein Kennenlernen der Schule mit dem sogenannten Forschungstheater Digitalität am Hamburger Fundustheater (http://fundus-theater.de/forschen).1Das Forschungstheater Digitalität des Fundustheaters bietet neben diesem Workshopformat zahlreiche weitere Angebote, welche im SMASCH-Kontext in der weiteren Projektlaufzeit erprobt werden Dieses Kennenlernen beinhaltete zunächst einen Workshop für Lehrkräfte, in welchem es um die kreative Auseinandersetzung mit analogen und digitalen Objekten ging sowie um (Erfahrungs-) Möglichkeiten, wenn diese Objekte in bestimmte Arrangements gebracht oder diese Arrangements verändert werden können. Lehrkräfte erstellten in Gruppen in einem ersten Schritt entsprechend Welten aus analogen Gegenständen und Materialien, bevor diese Arrangements für eine Virtual-Reality-Anwendung (VR) aufgezeichnet und im Anschluss im VR-Format erlebt wurden (Abbildung 11). Hierzu gehörte auch, dass Lehrkräfte sich selbst in diesen vormals analogen und nun digitalisierten Formaten als Teil der VR zu sehen bekamen, jedoch teils aus sehr ungewohnten Perspektiven, z.B. massiv (größen-)verzerrt. Hier konnte also im Prinzip erlebt werden, wie durch digitale Technologie Größe und in diesem Sinne Bedeutsamkeit verändert und damit bestimmte Emotionen bzw. ein bestimmtes auch körperliches Erleben getriggert wurden.

Wie aus anderen Projekten bekannt, machen VR-Anwendungen Lernen durch dieses Erfahren auf andere Weise möglich; hier wurde diese Erfahrung noch mit der vorherigen Eigenproduktion dessen, was dann anders erfahrbar wurde, ergänzt. Entsprechend löste der Workshop im Anschluss zahlreiche neue Ideen aus, wie derartige Ansätze auch in den Unterricht mit Kindern übertragen werden könnten. So wurde nicht nur das Bauen eigener Welten (z.B. der eigenen Schule, einer besseren Welt etc.) diskutiert, sondern ebenso Möglichkeiten, Rollen in Klasse oder Schule ganz anders sichtbar zu machen. Viele Lehrkräfte sahen echte Erweiterungsmöglichkeiten für Unterrichtsthemen, insbesondere wenn es darum ging, Fragen zu entwickeln und Themen tiefgründiger zu durchdringen. Sicherlich sind auch ganz andere Einsätze denkbar, etwa eine Visualisierung schwieriger Kommunikationssituationen oder auch ein Erfahrbarmachen kultureller Differenzen von Schüler.innen.
Aktuell steht die Schule entsprechend an zwei Fragestellungen: erstens, wie auf systematischerer Ebene eine derartige Methode ins Curriculum einfließen kann und zweitens, wie die normalerweise teure und sensible VR-Anwendungstechnik alltagstauglich wird. Für beides gibt es bereits Ansätze: So soll zunächst für alle Klassen eines Jahrgangs ein dezidierter Projekttag stattfinden, an dem die Schüler.innen das Forschungstheater erproben und Materialien zur Weltenerstellung im nahegelegenen Wald gesammelt werden. Zum anderen wird in diesem Kontext eine alltagstaugliche, im Onlinehandel verfügbare Variante der VR-Brillen erprobt, welche aus Pappgestellen besteht, in welche Smartphones eingelegt werden können. Sollte diese Variante als ebenso zielführend erlebt werden, ließe sich hieraus relativ niedrigschwellig eine skalierbare digitale Unterrichtsmethode entwickeln, die zahlreiche Erprobungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet.